Die Entwicklung & Geschichte des CNC Drehens
Das CNC Drehen hat eine lange Entstehungsgeschichte, die bereits in der Antike ihren Anfang nahm. Der griechischen Überlieferung zufolge gilt Dädalus, der Schöpfer des ersten „Luftschiffs“, als Erfinder der Drehbank. Für die Konstruktion seines Luftschiffes soll er unter anderem runde, gedrehte Stangen verwendet haben. Zur Herstellung dieser Teile benutzte er wahrscheinlich von Hand geführte Bronze- und/oder Obsidianmeißel mit aufgesetzter Feuerschneide. Älteste sicher nachgewiesene Drechselarbeiten fanden sich in einem Grab nahe der italienischen Kleinstadt Tarquina. Diese ersten winzigen Schritte auf dem Weg zum CNC Drehen konnten auf das frühe 7. Jahrhundert vor Christus datiert werden.
Aus dem 13. Jahrhundert stammt die Wipp- oder Wippen-Drehbank. Bei dieser trieb der Dreher die Maschine mit dem Fuß an und hatte so beide Hände zum Bewegen des Werkzeugs frei. Dieser Bogenantrieb kam in Europa bis ins 15. Jahrhundert zum Einsatz und wurde dann durch eine Handkurbel ersetzt. Leonardo da Vinci, der berühmte Erfinder und Wissenschaftler erfand gegen Ende des 15. Jahrhunderts ebenfalls eine Drehbank. Bei dieser erfolgte der Antrieb über ein Trittbrett, welches mittels Schwungscheibe angetrieben wurde und kontinuierliche Drehbewegungen ermöglichte. Dieses Modell, das zusätzlich über einen Werkzeughalter verfügte, setzte sich jedoch nicht durch.
Im Jahr 1571 entwickelte Jacques Besson, ein französischer Mathematiker, eine Drehbank mit selbsttätigem mechanischem Vorschub, welcher von einer Leitspindel angetrieben wurde. Der Werkzeugschlitten wurde mittels zweier Gewichte über Umlenkrollen nach oben gezogen und auf diese Weise das Werkzeug an das jeweilige Werkstück gepresst. Bereits ab 1650 waren in der Feinmechanik die Drehbänke zum größten Teil aus Metall. Ab 1750 eingesetzte Drehmaschinen ähnelten in ihrer Konstruktion mit Leitspindel, Wechselrädern und Kreuzsupport schon sehr den modernen Maschinen. Aus dem Jahr 1741 existiert sogar die Zeichnung einer Kopierdrehmaschine. Die damals gebauten Drehwerkzeuge eigneten sich jedoch ausschließlich für kleine Werkstücke. 1791 konstruierte vermutlich der US-Amerikaner Sylvanin Brown die erste Supportbank, die sich auch im Bereich des Maschinenbaus in größerem Stil einsetzen ließ. David Wilkinson, ebenfalls ein US-Amerikaner, patentierte schließlich 1798 sein Konzept einer Supportdrehbank.
Zu den weiteren Meilensteine auf dem Weg zum CNC Drehen zählt auch die 1839 durch Johann Georg Bodmer, einen Schweizer Ingenieur und Erfinder, entwickelte erste Karusselldrehbank mit waagerechter Planscheibe und senkrechter Arbeitsspindel. Dieser folgte 1840 die Mehrstahl- und Mehrschlittendrehbank des englischen Ingenieurs Joseph Whitworth und kurz darauf die Revolverdrehmaschine des Amerikaners Stephen Fitch, deren drehbarer Werkzeughalter einen raschen Wechsel der Werkzeuge ermöglichte. 1873 ließ Christopher M. Spencer, ein amerikanischer Erfinder, die erste automatisierte Drehbank patentieren. Die 1880 entwickelte Leit- und Zugspindeldrehbank erlaubte nahezu alle erdenklichen und benötigten Dreharbeiten. In den folgenden Jahren wurden weitere Varianten wie der Drehautomat oder die Kopierdrehbank konstruiert. Auch die Geschwindigkeit und die Präzision der Maschinen erfuhren eine stetige Verbesserung.
John Parson entwickelte im Auftrag der US-Airforce in den Jahren 1949 bis 1952 mit dem Massachusetts Institut of Technology (M.I.T.) mit der „Cincinnaty Hydrotel“ die erste numerisch gesteuerte Werkzeugmaschine und legte damit den Grundstein für das CNC Drehen. Die hierfür genutzte Technologie übernahm im Jahr 1954 die US-amerikanische Firma Bendix als Grundlage für eine mit mehr als 300 Elektronenröhren ausgestattete NC-Maschine. Deren Steuerung vollzog sich über Lochkarten. Die Werkstückträger wurden durch getrennt arbeitende Motoren hin und her bewegt. Das dazu benötigte NC-Programm gilt als direkter Vorläufer moderner CNC-Programme.
Bereits zu Beginn der 1950er Jahre entwickelten US-amerikanische Unternehmen erste numerisch gesteuerte (NC-)Drehmaschinen. Deren Drehzahlen und Werkzeugbewegungen überwachte eine Steuerung, die ihre Befehle über einen Lochstreifen erhielt. Diese Lochstreifen wurden bis gegen Ende der 1970er Jahre oftmals mitlaufend verarbeitet: Während ein Steuerinformationssatz in der Maschine abgearbeitet wird, liest die Steuerung bereits den nächsten Datensatz ein und errechnet daraus die folgende Bewegung. Jede Weiterentwicklung im Bereich der Datenverarbeitung hat seither auch einen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Drehbänke und das CNC Drehen.
In Europa kamen die ersten NC-Maschinen 1959 auf den Markt. Ab 1960 erfolgte der nachträgliche Einbau von numerischen Steuerungen in zahlreiche vorhandene Drehmaschinen. Bald jedoch stellte sich heraus, dass die Vorteile der NC-Technologie ohne spezielle Maschinenkonstruktionen nicht voll ausgenutzt werden konnten. Daher wurden fortan NC-gerechte Drehbänke gefertigt. Diese verfügten über eine stabilere Bauweise, stärkere Antriebe, Wälzführungen, hydrostatische Führungen und Kugelumlaufspindeln. Die erste NC-Bahnsteuerung mit Kreis- und Geraden-Interpolation wurde an einer Waldrich-Walzenkalibrier-Drehmaschine im Rahmen der Deutschen Werkzeugmaschinenausstellung in Hannover vorgestellt.
Die Automatisierung des Werkzeugwechsels wurde 1965 realisiert. Im Jahr 1968 kam in den Steuerungen erstmals die IC-Technik (integrated circuits) zum Einsatz. Mit Einführung von Palettenwechslern und Werkzeugschnellspannern gelang es, den Automatisierungsgrad der Maschinen noch weiter zu erhöhen. 1972 folgte die erste NC-Steuerung mit Programmspeicher. Die eigentliche CNC-Technologie wurde ab 1976 realisiert, als zum ersten Mal Mikroprozessoren zur Anwendung kamen. Damit war der Weg zum CNC Drehen endgültig geebnet und die Ära der festverdrahteten NC neigte sich ihrem Ende zu. Zunehmend ersetzte Software die bis dahin verwendete Hardware. 1978 konnten bereits flexible Fertigungssysteme umgesetzt werden. Erste CAD/CAM Kopplungen entstanden 1979.
Zunächst wurden die Programme für das CNC Drehen per Hand geschrieben. Dies bedeutete nicht nur eine enorme Anstrengung für die Programmierer, schon kleinste Fehler konnten erhebliche Schäden an den Drehmaschinen verursachen. Der endgültige Absprung von der klassischen Programmierung gelang erst gegen Ende der 90er Jahre. Seither werden die Programme für das CNC Drehen direkt aus dem CAD/CAM-System heraus erzeugt. Für die Zukunft ist geplant, die Programmierung völlig ohne jede menschliche Einflussnahme über CIM auszuführen.